Freitag, 14. Oktober 2005

Hermosuras aktuelle Mission - laut, lauter, am lautesten!

Seit Wochen bemüht sich Hermosura, den Bewohnern Rudolfsheim-Fünfhaus auf anschauliche Art und Weise zu vermitteln, was gute Musik ist.

Hilfe bieten dabei eine Stereoanlage, ein Fernseher, außerdem wirken mit:

Green Day
Die Toten Hosen
Marilyn Manson
Die Ärzte
Rammstein

Wer die lebhafte Lautmalerei, der die ansässige Bevölkerung normalerweise frönt kennt, weiß, daß sich früher oder später erbitterte Schreiduelle abspielen werden.
Ich warte mal ab, was sie demnächst zu erzählen hat.

Die unheilvolle Allianz

Zwischendurch gab es immer wieder lockere Beziehungen zu Männern, die aber nie lange hielten.
Bis sie Nico traf. Nico war ziemlich cool, der wußte, was er wollte, nicht so ein Softie, Nico packte an.
Und Anna ließ sich packen. Nicht nur von Nico selbst, auch von seiner besten Freundin, Karolin.
Karolin kannte Nico schon seit Jahren. Zwischendurch hatten die beiden auch heftige Streitereien durchgestanden, doch sie hatten sich immer wieder versöhnt und konnten sich ein Leben ohne den jeweils anderen nicht vorstellen.
Gemeinsam hatten sie Beziehungen und Trennungen durchlebt. Sie kannten sich durch und durch.
Logisch, daß es nicht lange dauerte, bis Anna Karolin vorgestellt wurde. Ihre Bewährungsprobe sozusagen. Und Karolin war begeistert.
Anfangs noch skeptisch abwartend, hatte Anna sie mit einem geschickten Kompliment an der richtigen Stelle recht schnell positiv gestimmt.
Und während Nico Kaffee bereitete, entwickelte sich ein Gespräch zwischen den Mädchen. Klar, zuerst wurde über Allgemeines gesprochen, Arbeit und so. Doch schon bald wurde es persönlicher.
Sie entdeckten immer mehr Gemeinsamkeiten, kamen vom Hundertsten ins Tausendste, bis Nico sie schließlich heimschickte. Erstens war er zusehends zum stummen Nebendarsteller mutiert, zweitens mußte er am nächsten Tag früh raus.
Die gemeinsame Heimfahrt verflog wie im Flug, also beschlossen sie, noch ein Lokal aufzusuchen. Dort wurde dann noch weiterpalavert, bis die Vernunft beide mahnte, jetzt doch auch heimzugehen, morgen war schließlich ein Arbeitstag. Noch schnell Telefonnummern ausgetauscht, ein Treffen für den nächsten Tag vereinbart und ab nach Hause.

Am nächsten Tag war Anna den ganzen Tag richtig nervös, fast wie vor einem Date mit einem Mann.
Sie fieberte dem Treffen mit Karolin entgegen. Ob sie sich wieder so gut verstehen würden? Womöglich hätten sie sich heute nichts zu sagen, das konnte peinlich werden. Diese Sorge war allerdings völlig unberechtigt.
Offensichtlich hatten sich die beiden gesucht und gefunden.
Es fiel so leicht, auch die intimsten Geheimnisse auszutauschen, ohne Scham oder Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der Freundin. Sogar wenn eine der beiden in einer Situation selbst anders gehandelt hätte, so hatten sie doch immer Verständnis füreinander und versuchten, die Beweggründe nachzuvollziehen.
Was konnte es Schöneres geben, als abends gemeinsam Glühwein zu schlürfen, bequem in alten Opa-Pyjamahosen, mit dicken Socken und irgendeinem T-Shirt auf der Couch zu lungern, Musik zu hören und sich gegenseitig Geschichten zu erzählen.
Oder, nach einer Nacht im Club betrunken ins Bett zu fallen, nochmal die Flirts durchzuhecheln und irgendwann zufrieden wegzudösen.
Oder, das Sonntagsfrühstück über Stunden hinweg zu zelebrieren, ohne Notwendigkeit sich zu schminken, die Haare irgendwie hochgewurstelt, einmal hiervon kosten, einmal dort versuchen, von allem ein bißchen was, Pläne für den freien Nachmittag schmieden und erzählen, erzählen, erzählen.

Nico war davon weniger begeistert. Er war der Meinung, Anna sollte sich doch ein bißchen attraktiver herrichten, auch mal einen Rock tragen und sich zuhause schminken, wenn er zu Besuch war.
Karolin war das egal, sie fand Anna immer schön.
Und da Karolin Nico sehr gut kannte, wurde sie natürlich von Anna zu Rate gezogen, wenn es Probleme in ihrer Beziehung zu Nico gab. Auch Nico schüttete sein Herz bei Karolin aus. Zwar versuchte sie objektiv zu bleiben und möglichst nicht Partei zu ergreifen, doch irgendwie saß sie doch immer zwischen den Stühlen.

"Die unheilvolle Allianz" - so nannte Nico diese Freundschaft und er sollte recht behalten.

In seiner Angst, Karolin an Anna zu verlieren, begann er wild um sich zu schlagen, er versuchte sie total für sich zu vereinnahmen, verlangte ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Zugleich verletzte er sie, wo er nur konnte durch bösartige Bemerkungen, er versuchte sie vor anderen zu blamieren, wenn es dann zum Streit kam, war sie alleine schuld daran.
So gerne Karolin ihm auch helfen wollte, er ließ sie nicht. Er wollte es nicht wahrhaben, daß man zwei Menschen lieben kann, ohne einen der beiden zu vernachlässigen. Karolin hatte außer Nico auch eigene Probleme, sie konnte die Kraft nicht aufbringen jederzeit verfügbar zu sein. Beim kleinsten Wehwehchen zu Hilfe zu eilen, das ging nicht.
Also sprach sie das Thema an, er mußte doch verstehen, daß ihre Energie nur begrenzt war, daß er sie nicht vollkommen aussaugen konnte. Lieber wollte sie dann für ihn da sein, wenn es hart auf hart ging und ihre Reserven für den Ernstfall aufsparen. Doch dies konnte oder wollte er nicht verstehen.
Er empfand es als Verrat an der Freundschaft und zerstörte diese somit.

Auch seine Beziehung mit Anna zerbrach wenige Monate später. Die Differenzen wurden einfach zu groß.

Die Freundschaft zwischen Anna und Karolin aber blieb bestehen, sie wuchsen noch enger zusammen, lachten und weinten gemeinsam. Es schien perfekt.
Bis der Unfall geschah.

Anna

Anna zieht Bilanz. Warum fehlte immer ein wesentlicher Teil in ihrem Leben?

Zuhause, bei der Großfamilie, fehlte die Ruhe, es gab immer einen Grund, warum einer sauer war.
Im einfachsten Fall, weil wieder mal viel zu viel zu tun war und die Zeit hinten und vorne nicht ausreichte.
Im schlimmsten Fall hatte ihr Onkel eine Kuh gekauft. Vollkommen überteuert. Ja, eine Kuh, es ist ja äußerst praktisch, wenn man jeden Tag in der Früh die euterfrische Milch aus garantiert biologischer Fütterung in den Kaffee zapfen kann.
Nur dumm, daß der Onkel nicht selbst zapfen kann, da er im Rollstuhl sitzt. Auch das Füttern und Ausmisten wird dadurch etwas erschwert, aber seine Frau macht das sicher gerne.
Er schaut dann eben zu und gibt Anweisungen, wie sie das richtig zu erledigen hat.
Jedenfalls steht immer einer beleidigt im Eck, während die anderen keifen und versuchen möglichst viele unbetroffene Familienmitglieder auf ihre Seite zu ziehen.

Also Flucht in die Großstadt. Spannend zuerst, soviele Möglichkeiten, die nur darauf warteten, entdeckt zu werden.
Und doch ein Rückhalt durch die Freundin, die auch in die Stadt gekommen war, um zu studieren. Das Fremde und Neue teilen können, gemeinsam neue Leute kennenlernen, das Nachtleben ausschöpfen.
Anfangs toll, doch mit der Zeit so anstrengend.
Immer in Hektik, immer im Streß und die Freundin veränderte sich. Sie paßte sich den Studienkolleginnen an, viele davon hauptberuflich Töchter. Styling, hippe Klamotten, Nagelstudio, Friseurbesuch und am Wochenende immer schick ausgehen. Hauptsache, der schöne Schein ist gewahrt.

Damit konnte Anna nicht viel anfangen. Abgesehen davon, daß sie sich all diese Ausgaben nicht leisten konnte, wollte sie es sich gar nicht leisten. Zudem war sie von Grund auf ungeeignet für die Rolle der Handtaschenprinzessin.
Anna war zu tollpatschig um in Szenetreffs zu glänzen. Manchmal sprudelten allzu ehrliche Worte aus ihrem Mund, die jeden Small-Talk zunichte machten. Im übrigen fand sie es ziemlich langweilig, sich ausschließlich oberflächlichem Geschwafel hinzugeben. So wurden die Treffen und Telefonate mit der Freundin immer seltener und unergiebiger.

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