Neue Blickwinkel

Diese Woche war ich seit langer Zeit wieder einige Tage mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs.
In den letzten Jahren hat es sich vor allem durch den Arbeitsweg so ergeben, daß ich fast nur mehr mit dem Auto gefahren bin.

Meine Abneigung gegen die Öffis beruht auf den üblichen Unannehmlichkeiten (die nach Jahrzehnten ausschließlicher Öffi-Nutzung auf Tatsachen beruhen!):
  • Der weitere Weg zum Transportmittel ist bei dem derzeitigen stürmisch-regnerischen Wetter nicht grad angenehm, bei Sommerhitze ebensowenig.
  • Je nach Ziel und Tageszeit dauert die Fahrt wesentlich länger, als mit dem eigenen Wagen.
  • Ist man - wie ich - chronisch unpünktlich, kann man dies nicht durch schnelleres Fahren kompensieren. Ist der Bus weg, ist er weg. Das kann zu gröberen Verspätungen führen.
  • Ich mag weder warmes Stink noch zuviel Nähe zu fremden Mitmenschen.
    Und ja, genau die, die man am meisten verabscheut, kleben immer am engsten an mir.
    Vorvorgestern wurde ich von einem total versifften, vermutlichen Junkie mit schlimmstmöglicher Gebissruine auf die Schulter gespeichelt geküsst. Weil ich - immer gerne für meine Mitmenschen da - kurz sein Sackerl gehalten hab, damit er seinen Schlüssel aus der Jackentasche nesteln kann.
    War lieb gemeint, hätt aber net sein müssen. Also - das Küssen.
  • Ich fang zuviel an Stimmungen und Emotionen der Mitreisenden auf. Kann die andern schlecht ausblenden. Trotz dem vorgestellten goldenen Dreieck, das mein Drittes Auge (Stirnchakra) verschließen soll.
    (Ein Tipp meiner ehemaligen Therapeutin)
    An dünnhäutigen Tagen kann mich die fehlende Fluchtmöglichkeit ganz schön aus der Fassung bringen. Das ist mir am Mittwoch wieder sehr stark aufgefallen. Im Auto kann ich in so einem Fall noch sitzenbleiben und schauen, daß ich runterkomm. Oder ich fahr ein Stückerl weiter und geh ein paar Schritte im Wald oder in einem Park.
  • Ich mag es nicht, beobachtet zu werden. Vorgestern saß mir ein junges Mädchen gegenüber, das sämtliche Passagiere (mich auch *grrrr*) mit großen Augen von oben bis unten abscannte. Aber nicht, daß ihr glaubt unauffällig, das macht ja jeder manchmal.
    Nein! Direktes Starren mit langsam auf- und abwanderndem Kopf. Brrrr! Ich war knapp davor mich wegzusetzen.
  • Ich schlepp äußerst ungern schwere Einkaufssackerl weiter als unbedingt nötig. Bedarf keiner weiteren Erklärung.
  • Ich liebe, liebe, liebe es, im Auto lauthals mitzusingen und zu schimpfen, wenn einer der andern Autofahrer wiedermal völlig unfähig ist!
Trotz alledem hab ich mir in den letzten Tagen gedacht, es wär vielleicht gar nicht so schlecht, doch wieder öfter öffentlich zu fahren.
Den Umweltgedanken führ ich jetzt nicht an, der liegt sowieso auf der Hand, aber in dem Punkt lass ich ganz ehrlich meinen Egoismus siegen.
Wenns mir besser geht, gehts meiner Umwelt nämlich auch besser.

Was ist also positiv:
  • Auf dem Weg von und zur Haltestelle hat man immer wieder ein bissl Bewegung zwischendurch und vor allem frische Luft.
  • Im Gegensatz zum Autofahren muß man sich in U-Bahn oder Autobus nicht konzentrieren. Nur grob die angefahrenen Stationen im Blick behalten und die Gedanken schweifen lassen.
    Oder Musik hören.
    Oder Lesen - da komm ich eh nie dazu.
    Oder die Augen schließen und ein bissl dösen.
  • Insgesamt entsteht also eine relativ (je nach Route und Menschenaufkommen) ruhige Pause zwischen den Stationen des Tages, in der man den Kopf abschalten kann.
  • Man lernt wieder neue Perspektiven kennen. Die eigene Stadt sieht abseits der gewohnten Wege wieder spannend und fremd aus. Interessant zu sehen, wie ein Grätzl, von der gegenüberliegenden Seite aus betrachtet, einen völlig anderen Einblick bietet.
Nach genauer Nutzen-Risiko-Abwertung werd ich also künftig wieder öfter außerhalb meines geliebten Autochens die Stadt erkunden.
Yulega – 2012-03-03 13:48

IIIIIiiiihhhh, Kinker! Ich fühle mit dir. All die Punkte, die du aufführst, haben mich vor vier Jahren auch dazu bewogen, von den Öffis auf das Auto umzusteigen. Ich liebe die Freiheit, im Auto laut mitzusingen, für mich zu sein, wetterunabhängig zu sein und auf dem Heimweg noch schnell einkaufen zu gehen, wozu ich sonst nochmal extra los müsste.

Ab Mitte nächsten Jahres werde ich wieder gezwungen sein, Öffis zu fahren, weil die Firma umzieht und der Parkplatz dort unerschwinglich ist. Dann werde ich mir den zweiten Teil deines Posts ausdrucken und an die Pinwand heften...

Kinkerlitzch3n – 2012-03-03 13:50

Ja, das Mitsingen! Das hab ich völlig vergessen!!
Mach ich zwar zu Fuß schon, aber natürlich nicht in deeer Lautstärke! *hihi*

Das muß ich noch nachtragen ...

momoseven – 2012-03-03 13:59

Oh, da kenne ich einiges nur zu gut. Ich fahre nun seit 2 Jahren mit dem Bus (zum Glück ohne Umsteigen, und mit nur ca. 2x umfallen von und bis zum Horst und zur Arbeit). Auf dem Hinweg ist Rentnerzeit, auf dem Rückweg Schule aus, und beides kann ungeheuer nervig sein. Ich muss mir auch oft meine goldene Schutzblase visualisieren, denn ich fange auch sehr leicht alle möglichen Energien auf. Blicke stören mich weniger, weil ich hinzugs ganz hinten sitze, und rückzugs vorne am Fenster, aber das Gequassel, vor allem einiger Busbekanntschaften, denen man nicht ausweichen kann, oder lautes Schülergeschrei vor allem nach der Arbeit kann mich an manchen Tagen ganz schön schaffen.
Was ist denn eigentlich ein Grätzl???
Liebe Grüße!!! :-)

Kinkerlitzch3n – 2012-03-03 14:12

Ein Grätzl ist ein Viertel auf Wienerisch.

Kommt die Schutzblase eigentlich aus dem Reiki?
Wir haben früher mal mit der "Rosa Pyramide" experimentiert, aus der wir zwar raussehen, in die aber keiner reinsehen kann.
Hat so gut funktioniert, daß sich bei aktivierter Pyramide kein Kellner zu uns bewegte, wenn wir an der Theke standen, um ein Getränk zu bestellen. ;-)

momoseven – 2012-03-03 14:15

Aah, ein Grätzl!

Ja, die Blase kommt aus dem Reiki. Funktioniert auch recht gut, und man kann sich auch "unsichtbar" machen. Oft gelingt es sogar, den Platz neben mir damit freizuhalten, bzw. nur angenehme Sitznachbarn zu bekommen :-)

Yulega – 2012-03-03 14:26

LOL Kinker ;-) Das war dann eindeutig die falsche Zeit zum experimentieren ;-)

Ich kann eigentlich schon ganz gut die Außenwelt abschirmen und nur "innen" sehen. Aber heute ist es ja ein enormer Lärmpegel mit all den Handys, jeder spricht/hört Musik/spielt irgendwas. Und wenn mir dann schon früh morgens ein Knoblauchfreak auf die Pelle rückt, könnt ich grad speien. Vielleicht würd er dann Abstand halten ;-)

Ich liebe es gerade im Frühjahr, bei offenem Fenster zu fahren und die Luft zu riechen. Unsere Bahnen sind nicht wirklich klimatisiert, im Sommer schwellen mir aufgrund der Hitze auf dem kurzen Heimweg so dermaßen die Beine an, dass ich die dann erstmal hochlagern muss. Ach, ich habe so viele Gegenargumente, aber hilft ja nix. Ich hab nunmal keine 200 Euro im Monat für den Parkplatz. Wäre ich auch nicht bereit zu zahlen, dafür bin ich zu sehr SCHWABE ;-)

Kinkerlitzch3n – 2012-03-03 15:06

Gut, 200 Euronen monatlich sind echt ziemlich heftig. Da fährt man ja öffentlich über ein halbes Jahr spazieren!
Also: Denk an die positiven Seiten und versuche zu genießen!

Das Theken-Experiment war ja eben das: Ein Experiment, um zu sehen, wie gut es funktioniert. Man kann die Pyramide ja wieder ausschalten. ;-)

Yulega – 2012-03-03 18:58

Die Monatskarte kostet heute wohl so um die 120 Euro. Tanken müsste ich ja aber sowieso für privat, so dass ich trotzdem deutlich teurer komme. Im Moment reichen mir 3 Tankfüllungen im Monat und parken kann ich umsonst. Da freu ich mich doch gleich wieder auf S21! Mittendrin und voll dabei.

Kinkerlitzch3n – 2012-03-04 14:32

So teuer ist die Monatskarte? Das ist aber kein Anreiz, auf Öffis umzusteigen. Bei uns kostet die Jahreskarte € 450,- und die übertragbare (!) Monatskarte € 50,-.

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