Dienstag, 4. Juli 2006

Gedankenausgang Novarock

Ich hätte es zwar nicht erwartet, doch ich bin am Novarock-Festival doch einige Male sehr nachdenklich geworden.
Das eine Mal mit Emotion Freitagnacht im Partyzelt.
Wobei Emotion (und nicht nur die verlinkte) ja dafür bekannt ist, Nachdenkprozesse in Gang zu setzen, da kommt dann auch die Umgebung nie ganz aus, jedenfalls nicht, wenn sie unter anderm von mir verkörpert wird.
Find ich auch sehr positiv, denn allzuoft ertappe ich mich, Monströsitäten des Alltags hinzunehmen, ohne groß drüber nachzudenken, was ich da eigentlich toleriere und Emotion öffnet mir dann wieder die Augen. Das kann er sehr gut.

Und über was hab ich nun so großartig nachgedacht am Festival?
Nun, zum Beispiel darüber, wie sich die Leute hinter Masken verstecken, krampfhaft daran festhalten, der Umwelt ein besseres Bild von sich selbst zu zeigen. Wobei auf einem Festival ja meist ein gesellschaftlich nicht so anerkanntes Bild präsentiert wird, die meisten scheinen Mut zur Häßlichkeit und Unvollkommenheit nach außen tragen zu wollen.
Wobei auch da eine haarscharfe Grenze existiert, zwischen dem, was cool und lässig ist und dem, was dann schon wieder einen Hauch zu ehrlich und schmutzig ist.
Und ich fand es erschreckend, wie häufig jemand nur dann beinahe völlig gelöst und nicht total kopf-zentriert ist, wenn er/sie unter Einfluß auf das Zentralnervensystem wirkender Substanzen steht.
Mich selbst kann ich von dieser Beobachtung nicht ausnehmen. Eigentlich finde ich diese Angst vor der „Erkenntnis“ durch andere aber völlig kontraproduktiv.
Mal abgesehen davon, daß es ja auch mächtig Energie kostet, den Schein aufrechtzuerhalten.
Man (auch ihr alle und meinerselbst) möchte doch so gemocht werden, wie man ist, täusch ich mich da?
Jeder strebt doch danach, jemanden zu finden, dem man auch sein Innerstes offenlegen kann und damit auf Verständnis stößt.
Dennoch haben wir gleichzeitig panische Angst eben davor, daß jemand Bescheid weiß über uns. Obwohl, ganz ehrlich, was kann ein anderer schon Furchtbares anstellen mit dem Wissen wie wir wirklich sind?

Ja, schon klar. Wer mich kennt, kann mich leichter verletzen. Aber wer mich nicht kennt, kann mich auch leicht unabsichtlich verletzen. Passiert doch oft genug.
Wer mich aber kennt, kann mir viel Gutes tun, eben dadurch, daß er weiß, was mir gut tut. Das sollte doch eine wesentlich höhere Priorität einnehmen, meine ich.
Und meistens schützt man sich mit besonders starren Masken vor Leuten, die einem irgendwie suspekt erscheinen, wer mir von Anfang an sympathisch ist, vor dem fällt die Schutzmauer recht schnell.
Und wer mir eher nicht besonders sympathisch ist, mit dem werd ich mich kaum eingehender beschäftigen und das ist auch gut so. Folglich sollte es mich prinzipiell nicht sonderlich tangieren, wenn diese Person Unsympath mir absichtlich Schmerz zufügen möchte, da müßte ich ja drüber stehen und somit wäre demjenigen von vornherein die Möglichkeit genommen, mir wehzutun.
Das spielts aber in Wirklichkeit nicht.

Denn im echten Leben tun mir oft die, die mich sehr mögen und die ich sehr gerne hab, ohne böse Absicht verdammt weh.
Da muß jemand gar nicht mal besonders egoistisch seine Ansichten und Vorhaben durchsetzen, nein, ganz und gar nicht. Kleine Bemerkungen nebenbei, denen im Moment des Ausgesprochenwerdens wahrscheinlich nicht mal annähernd irgendeine Bedeutung zugemessen wird, ungezielte Schlenkerer mit den Waffen der Sprache streifen mich und fügen mir Schürfwunden zu, die im ersten Moment höllisch schmerzen.
Erst Stunden und Tage später erkenne ich, daß es sich nur um eine kleine Wunde handelt, die nun mal passiert, wenn man lebt und sich nicht im Wattekokon versteckt.

Und auch das, was jemand von sich gibt, der mir völlig egal ist, oder was von jemand kommt, den ich überhaupt nicht mag, den ich gar nicht mal für voll nehmen kann, weil ich seine Art und Weise mit andern umzugehen grundfalsch finde, auch soetwas kann mir mächtig weh tun.
Dabei ist grade das das Dümmste überhaupt und führt mich wiedermal zu der Erkenntnis: Das Leben ist kein Wunschkonzert.

Und was dann noch häufig passiert (mir jedenfalls), ist, wenn die gewünschte Wirkung des Alkohols als Enthemmer und Befreier umschlägt.
Wenn auf einmal die Paranoia hochkommt, weil sich leichter Kontrollverlust abzuzeichnen beginnt. Kontrollverlust der einerseits ersehnt und gleichzeitig gefürchtet wird. Ich möchte gerne einfach das tun und sagen, was mir gerade durch den Kopf geht, auch wenn es völlig sinnbefreit ist oder taktisch unklug erscheint.
Warum nicht, wenns Spaß macht, warum muß denn immer alles hochgeistig und überlegt sein? Wem bringt das was? Ich will nicht ständig taktieren müssen, jedenfalls nicht bei Menschen, die mir am Herzen liegen.
Ich habe das Bedürfnis, meine Empfindungen und Überlegungen laut aussprechen zu können.

Tu ich es aber, hör ich manchmal fast zeitgleich mit dem Vorbeistreichen der Luft an meinen Stimmbändern das kleine imaginäre Teufelchen ganz links auf meiner Schulter. "Auweh!", schreit’s, "Meine Güte, was du schon wieder ausspuckst. Da werden jetzt gleich wieder alle ganz fest lachen über dich, vielleicht nicht unbedingt laut, aber schau nur, siehst du diesen Gesichtsausdruck? Der verheißt nix Gutes, da denkt sich wer seinen Teil und in diesem Teil der Gedanken kommst du gar nicht gut weg. Halt doch einfach deinen Mund, wenn nix Gscheites rauskommt. Denn das, was du jetzt hergegeben hast, wollte so genau niemand wissen. Wie willst du dich jetzt noch retten? Am besten du hältst dich schnell mal ordentlich zurück, bevor du alles noch schlimmer machst!"
Und dann tu ich das, meine Stimmung schlägt um, ich fühl mich verletzlich, ich schäme mich dafür, meiner Laune nachgegeben zu haben und es die andern wissen zu lassen.
Ich beginne an mir zu zweifeln und was grade noch strahlend und hell war, verliert augenblicklich an Farbkraft. Goldenes Gelb bekommt einen häßlichen grüngrauen Stich, schwarze Wolken verdunkeln den Himmel und aus einem zarten Lüftchen, das meine Haut eben noch streichelte, wird ein scharfer Wind, der mich mit kleinen Stöckchen und Sandkörnern malträtiert.
Dabei könnte alles noch immer wunderschön und entspannt sein. Aber das Teufelchen schläft nicht.

All diese Schlußfolgerungen haben mich jetzt weit weit weg vom ursprünglich angedachten Thema geführt.
Am Festival sind meine Gedanken in vollkommen andere Richtungen gewandert, die sie nun aber offensichtlich nicht schon wieder einschlagen wollen.
Was ja auch in Ordnung ist.
Wär ja schade, immer nur dieselben Pfade auszutreten.

BMI

Dieser Artikel hat mich drauf gebracht, meinen Body Mass Index mal wieder zu checken.

Schließlich hab ich letzte Woche festgestellt, wieder ein Kilo abgenommen zu haben.
Insgesamt sind es jetzt sechs Kilo seit Jänner - ja, ich weiß, die ersten drei Monate ging es schnell voran und jetzt nur mehr schleppend, aber immerhin, es tut sich was!

War mein BMI anfangs mit 27,9 noch klar im Bereich Übergewicht angesiedelt, so bin ich nun mit 25,6 dem Normalgewicht deutlich näher.

Das gibt mir natürlich wieder Auftrieb und ich habe beschlossen, ab sofort wieder mehr auf gesunde Ernährung zu achten, immerhin hab ich mehr als ein Viertel meines Ziels erreicht und das soll nicht vergebens gewesen sein, sondern der Erfolg soll sich noch deutlich vergrößern bzw. mein Umfang sich verkleinern!!

Für moralische Unterstützung bin ich immer dankbar, aber das wißt ihr ja sowieso.

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Jan (Gast) - 2014-01-26 18:45
.
momoseven - 2013-10-25 15:26

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