Sonntag, 2. Oktober 2005

Vergangenheitsbewältigung, ein Versuch. (1)

"Ich bin nicht dein Psychiater!"
Mit diesen Worten verließ er den Raum. Ließ sie zurück, zusammengekauert an der Wand, hilflos nach Luft schnappend.
Aufgrund der Aufregung hatte sie begonnen zu hyperventilieren. In Verbindung mit Tränen und Rotz eine schlechte Kombination. Vor allem dann, wenn man jedes Sauerstoffatom braucht, um wieder ein bißchen klarer sehen zu können.
Wie war es nur wieder dazu gekommen? Sie konnte es nicht mehr genau sagen. Aus harmlosen Sticheleien hatte sich ein mächtiger Streit entwickelt. Wahrscheinlich hatte er wieder ein SMS bekommen, oder einen Anruf, der ihre Eifersucht schürte.
Die Auslöser konnten minimal sein, denn die große Wunde, die unter der Oberfläche schwärte, war sehr empfindlich. Kaum vernarbt, wieder und wieder aufgerissen und etwas tiefer ins rohe Fleisch gebohrt. Wie soll so Heilung stattfinden?
Wie konnte er, wo er doch vorgab, sie zu lieben? Wie konnte er ihr kaltblütig solchen Schmerz zufügen? Und sie dann damit allein lassen, als ob es ihn nichts anginge.
Aber es sollte ihn etwas angehen, wenn man liebt, trägt man doch eine gewisse Verantwortung, zumindest fühlt man sich, im Normalfall, bis zu einem gewissen Grad verantwortlich für denjenigen, den man liebt.
Er nicht.
Oder aber seine inneren Dämonen waren stärker als die Liebe zu ihr.
Auch er kämpfte hart, das wußte sie. Doch sein Kampf war ein ganz anderer. Und mit Liebe scheinbar nicht zu heilen - doch diese Erkenntnis kam erst Jahre später.
Irgendwann in diesem Streit hatte sie begonnen hilflos im Kreis zu laufen, sie schrie um Hilfe:"Ich halte es nicht mehr aus, es tut so weh! Bitte! Hilf mir, nimm Rücksicht, tu doch was, ich kann nicht mehr!" Sie wußte einfach nicht mehr was tun, was denken, um diesen Gefühlsstürmen, die ihr Innerstes durchtosten, Herr zu werden.
Doch er stand nur kopfschüttelnd und verständnislos daneben.
"Reiß dich zusammen!"
Ja gerne, doch wie, wie sich zusammenreißen und Contenance bewahren, wenn dein Herz und Hirn gerade in Stücke gerissen werden? Wenn Gedanken wie wilde Tiere über alle Vernunft herfallen und der nackte Schmerz bleibt?
Erschöpft sank sie an der Wand entlang zu Boden, begann langsam ihren Kopf an die Wand zu schlagen. Der Rhythmus wirkte etwas beruhigend, zudem drängte langsam der körperliche Schmerz in den Vordergrund.
Etwas fester noch, das fühlte sich besser an. Sie konnte besser mit dem bekannten Schmerz umgehen, als mit dem reißenden Gefühl sich selbst zu verlieren, das einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hatte.
Und er wandte sich ab, es war zuviel, sie hatten sich viel angetan in den letzten Jahren, doch diese offene Zurschaustellung ihres Schmerzes konnte er nicht mitansehen.
Im Nebenzimmer ging der Fernseher an.

Wahnsinn?

Spinnen, die nur ich sehe, werden plötzlich zu Blumen, die durch den Raum schweben.

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